Methanemissionen: Kühe sind doch keine Klimakiller!

Erst kürzlich äußerte der Präsident des Umweltbundesamtes, Prof. Dr. Dirk Messner, in einem Podcast, dass eine CO2-Steuer auf die Treibhausgasemissionen von Kühen nur folgerichtig sei. Derzeit stehe das jedoch noch nicht zur Debatte. Stattdessen wolle man zunächst die Tierzahlen reduzieren, um die Emissionen aus der Fleischerzeugung zu senken. Laut Messner geht es dabei wahrscheinlich sogar um eine Halbierung des Tierbestands in Deutschland[1]. Die einschlägigen Umwelt-NGOs haben vor allem die Wiederkäuer zu einem Feindbild erklärt, weil bei deren Verdauung, aber auch bei der Lagerung des Wirtschaftsdüngers (Gülle, Mist) Methan (CH4) entsteht. Methan hat im Vergleich zu Kohlenstoffdioxid (CO2) eine 25-fach höhere Treibhauswirkung. Etwa 60% des in Deutschland anfallenden Methans stammen aus der Landwirtschaft[2]. Ungefähr 75% davon entstehen bei der Verdauung von Rindern[3]. Das Umweltbundesamt geht insgesamt davon aus, dass sich in 2021 etwa 36 Mio. t CO2-Äquivalente THG-Emissionen auf die direkte Tierhaltung zurückführen lassen, was immerhin 66% aller landwirtschaftlichen Emissionen und knapp 5% der Gesamtemissionen Deutschlands entspricht[4]. Immer wieder ist deshalb die Forderung zu hören, dass die Zahl der Nutztiere stark reduziert werden müsse, um die Methan-Emissionen zu senken.

Im Unterschied zu CO2, welches mehrere tausend Jahre in der Atmosphäre verbleibt, ist Methan ein kurzlebiges Klimagas. Es wird in der Atmosphäre innerhalb von etwa 10 Jahren zu CO2 und Wasser abgebaut. Das so entstandene CO2 wird dann wiederum in den Pflanzen gebunden, die den Kühen als Futter dienen. Vor allem Dauergrünland (Weide- und Grünfutterflächen) mit seinem Kohlenstoffspeichervermögen von knapp 200 t/ha kann doppelt so viel CO2 speichern wie Ackerboden[5]. Bei biogenem Methan ist also von einem geschlossenen Kreislauf auszugehen, bei dem in der Atmosphäre kein zusätzliches CO2 angereichert wird. Dies ist auch der Grund, warum es vollkommen unerheblich ist, ob die Zahl der gehaltenen Nutztiere über die Zeit zu- oder abnimmt. Zunehmende Tierbestände vergrößern zwar die Methan-Quelle, gleichzeitig wächst über den höheren Futterbedarf jedoch auch die Methan-Senke. Bei abnehmenden Tierbeständen gilt der umgekehrte Fall. Die Zahl der gehaltenen Nutztiere hat also keinen Einfluss auf die Klimaerwärmung, insbesondere dann nicht, wenn die Tierbestände nicht zunehmen[6]. Es ist deshalb auch nicht zielführend diese THG-Emissionen in die Berechnungen aufzunehmen. Erstens existiert die Nutztierhaltung in Mitteleuropa bereits seit Jahrtausenden und zweitens werden die CO2-Emissionen aus Stoffwechselvorgängen von Menschen und Wildtieren ja auch nicht gesondert bilanziert, weil hier ebenfalls von geschlossenen Kreisläufen ausgegangen wird[7]. Gänzlich anders verhält es sich hingegen mit geogenem (fossilen) Methan, also das, was wir als Erdgas bezeichnen. Diesen Gasmengen steht keine natürliche Senke gegenüber und es trägt somit zum weiteren Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre bei. Es ist daher wichtig, dass biogenes und geogenes Methan auf keinen Fall gleichgesetzt werden.

Auch wenn wir festgestellt haben, dass die Zahl der gehaltenen Nutztiere keinen maßgeblichen Einfluss auf das Klima hat, gibt es natürlich dennoch verschiedene Ansätze, um die Methanemissionen durch Kühe zu senken. Insbesondere werden methansenkende Futtermittel getestet. So konnte gezeigt werden, dass synthetische (3-Nitrooxypropanol) und natürliche (Algen, Seetang) Methan-Inhibitoren die Methanproduktion um etwa 30 Prozent verringern können. Die beobachteten Änderungen variieren jedoch noch stark. Eine weitere Möglichkeit ist die züchterische Selektion auf geringere Methanemissionen. Theoretische Berechnungen zeigen, dass auf diese Weise die Methanemissionen bis 2050 um etwa 24% reduziert werden könnten. Dazu könnte durch eine Optimierung der Bodengestaltung, der Güllelagerung und -ausbringung im Bereich der Tierhaltung eine Verbesserung der Methanbilanz von Rindern erreicht werden[8]. Berücksichtigt werden sollte auch, dass die Zahl der gehaltenen Kühe in Deutschland seit Mitte des 20. Jahrhunderts deutlich zurückgegangen ist. Gab es 1950 noch über 5 Millionen Milchkühe, waren es im Mai 2022 nur noch rund 3,8 Millionen[9]. Im gleichen Zeitraum ist zwar durch die Intensivierung der Fütterung die Methanmenge pro Kuh gestiegen, für alle Kühe zusammengenommen ist die Methanabgabe jedoch gesunken[10].

Zusammenfassend können wir also feststellen, dass Kühe entgegen der oft vorgebrachten Unterstellung keine „Klimakiller“ sind. Wie wir gesehen haben, befindet sich das biogene Methan aus der Rinderhaltung in einem geschlossenen Kreislauf. Es ist für den Klimawandel daher unerheblich, ob die Zahl der gehaltenen Tiere zu- oder abnimmt, weil ihnen mit dem Futteranbau stets eine natürliche Senke gegenübersteht. Vor allem bei abnehmenden Rinderbeständen, so wie es seit Mitte des vergangenen Jahrhunderts in Deutschland der Fall ist, kann das Methan erst recht keinerlei verstärkenden Effekt auf den Klimawandel haben, weil weniger biogenes Methan in die Atmosphäre abgegeben wird als wieder zerfällt. Das bedeutet, dass hier sogar eher ein Netto-Kühleffekt zu beobachten sein dürfte. Darüber hinaus ist die Haltung von Wiederkäuern allein deshalb sinnvoll, weil sie Gras verdauen und damit ernährungsphysiologisch für uns Menschen nutzbar machen können. Ohne sie könnten die Grünlandflächen nicht genutzt werden. Das hätte dann sogar noch negative Effekte auf die Biodiversität.

P.S. Ich habe den Begriff "Kuh" stellvertretend für alle Rinder verwendet. Unter anderem auch deshalb, weil ich glaube, dass das für Nicht-Landwirte dadurch vielleicht etwas greifbarer wird :-)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



[4] Umweltbundesamt, 2020, „Beitrag der Landwirtschaft zu den Treibhausgas-Emissionen“. https://www.umweltbundesamt.de/daten/land-forstwirtschaft/beitrag-der-landwirtschaft-zu-den-treibhausgas

[6] Unberücksichtigt sind dabei jedoch u.a. verarbeitete Futtermittel, Treibstoff und Düngung.

[7] Kuhlmann, F., 2021, „Landwirtschaft und Klimawandel: Stimmt die Rechnung“. https://buel.bmel.de/index.php/buel/article/view/354/570

Kommentare

  1. Sollte die Headline sich nicht auf alle Rindviecher beziehen? Kühe haben doch auch Männer und Kinder - oder ?

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